Lesen lernen mit Erstklässlern: „Korrigieren Sie Ihr Kind nicht während des Lesens“. Tipps von Lesetrainer Thomas Wunderberg

Thomas Wunderberg ist seit 2003 Leseexperte mit der Improved-Reading-Methode – und bringt Menschen ab 15 Jahre bei, schneller und effizienter zu lesen, damit sie die Informationsflut besser bewältigen. Weil mein Sohn und ich gerade intensiv damit beschäftigt sind, dass er ebenfalls schneller und effizienter liest – genau genommen kämpfen wir noch um jeden Buchstaben -, habe ich den Experten gefragt, ob er nicht ein paar Tricks auf Lager hat, um das Lesen zu lernen.

Mama und die Matschhose: Herr Wunderberg, es ist immer noch eine Geduldsprobe: Der Sohn kann im Prinzip schon alle Buchstaben. Wenn er sich aber von Wort zu Wort hangelt, brauchen er und ich noch immer jede Menge Geduld.

Thomas Wunderberg: Haben Sie weiter Geduld. Er wird es lernen. Und doch wird er nicht so schnell so viele Worte auf einmal wie ein Erwachsener erfassen: Die Sehfähigkeit eines Erstklässlers ist noch gar nicht vollends ausgereift. Der mit beiden Augen erfassbare Bereich ist seitlich noch um etwa 30 Prozent eingeschränkt und so eher auf Silben als auf Wörter beschränkt. Erst mit etwa zwölf Jahren entspricht die Blickspanne des scharfen Sehens (5 Grad) dem eines Erwachsenen. Deshalb kann Ihr Sohn noch gar nicht so viele Wörter auf einmal erfassen wie Sie.

Beim Lesenlernen hilft selbstständiges Durcharbeiten

Mama und die Matschhose: Wie können wir dennoch trainieren, damit sein Lesefluss flüssiger wird?

Thomas Wunderberg: Lassen Sie sich vieles von ihm vorlesen – und unterbrechen Sie Ihren Sohn nicht dabei. Wer dauernd korrigiert wird à la „Es muss aber Schwestern heißen – nicht Schwester“, verliert er die Freude. Wenn er möchte, dass Sie ihm auf die Sprünge helfen, wird er das sagen. Ansonsten wird es ihm helfen, wenn er sich selbstständig durcharbeitet.

Mama und die Matschhose: Kann ich dennoch etwas aktiv unternehmen, um ihn zu unterstützen?

Thomas Wunderberg: Machen Sie, wenn er vorliest, eine Strichliste mit den Fehlern, die er gemacht hat. Wenn er fertig ist, sprechen Sie mit ihm über den Text. Was hat er verstanden, was nicht? Die Verständnislücken und bisher unbekannte Wörter erklären sie ihm. Dann lassen Sie ihn nochmal lesen. Jede Wette: Die Strichliste ist nun deutlich kürzer.