Ich erinnere mich noch gut, als ich noch kinderlos war und ein Gespräch unter Müttern belauscht hatte, die sagten: Bring ihn doch im Maxi-Cosi mit. Ich bin fest davon ausgegangen, dass damit ein Maximilian gemeint war, der in Was-auch-immer transportiert werden sollte. „Gibt es das Wort auch auf Deutsch?“, fragte ich, denn „Maxi-Cosi“ hatte ich noch nie gehört. Doch ich, die ebenfalls in Bälde schwanger werden wollte, wusste: Es gibt viele Dinge, deren Existenz ich nicht einmal erahnte, und die dennoch entscheidend waren für das Lebensglück des ungeborenen Kindes.
Manduca? Pastinaken? PEKiP? Tripp Trapp? Babybay? Profi-Eltern wissen, was all das bedeutet, Kinderlose oder werdende Mamas hingegen verstehen von Gesprächen unter Profi-Eltern so viel wie von denen unter Technickern, die sich über Mantelstromfilter oder DECT-Technologien austauschen (oder wie Blogger von der neuen Datenschutzverordnung DGSVO). Dabei dachte ich bis dahin, für frischgebackene Eltern sei nur „Schlaf“ ein Fremdwort.
Maxi-Cosi: Das Tempo-Taschentuch der Autoschalen
Die eine der Frauen erklärte mir damals, dass Maxi-Cosi eine Babyschale fürs Auto ist, die auch als Babywippe in der Wohnung funktioniert. Und noch mehr: Mit Maxi-Cosi verhält es sich wie mit Tempo: Es gibt ihn von verschiedenen Herstellern unter verschiedenen Namen, aber alle Eltern nennen ihn Maxi-Cosi – nicht nur die von Maximilian.
Pastinaken sind auch so etwas. Als meine Bekannte damals ihren Mann gefragt hatte: „Haben wir Pastinaken da?“, dachte ich glatt, eine ethnische syrische Minderheit sei bei ihnen zu Gast. Weil sie aber tatsächlich Pastinaken da hatten, habe ich gelernt: Sie sind ein Gemüse, das sich hervorragend für die Zubereitung des ersten Babybreis eignet. Lachend erzählte allerdings meine Freunde, dass dumme Nazis schon mal „Pastinaken raus“ gebrüllt haben.
Ich schämte mich ein bisschen, weil mir das vielleicht auch hätte passieren können, wenn ich Nazi wäre, und denke, „Pastinaken rein“ ist wohl die bessere Parole, wenn es daraum geht, das Baby satt zu kriegen.
Doch nicht nur untereinander sprechen Profi-Eltern eine eigene Sprache – auch mit ihren Babys reden sie so, dass andere nicht mithören können: „Magst du in Papas Auto sitzi und brummi machi? Brummi-brummi?“ „Wadde hadde dudde da?“ „Oh, ich, da ist ja ein Stinkistinki! Da machen wir jetzt wischiwischei mit der Stinkikacka!“
Dutzi-Dutzi versus Früh-Chinesisch
Lustig, dass viele in den eigenen vier Wänden diesen Duzti-Dutzi-Code sprechen und ihre Kinder andererseits in einer zweisprachigen Krippe betreuen lassen, in der Hoffnung, dass sie durch frühkindliche Englisch-Chinesisch-Kenntnisse später zu redegewandten Kosmopoliten heranwachsen. Ach, übrigens: Neuerdings lernen die Kleinsten als erste und zweite Sprache nicht nur Dutzi-Deutsch, Englisch, Französisch und Chinesisch – der Trend geht zu Babyzeichen-Sprachkursen. Diese lehren Zeichen, die sich von der Gebärdensprache für Gehörlose ableiten. Die Idee dahinter: Erst um den ersten Geburtstag herum beginnen Babys, die ersten Worte zu sprechen – obwohl sie bereits deutlich früher wissen, was sie wollen. Wenn sie Babyzeichen-Sprachkurse belegen, tauschen sich bereits sieben Monate alte Säuglinge mithilfe der auf ihre Motorik abgestimmten Zeichensprache mit ihren Eltern aus – also lange bevor sie tatsächlich reden. Nach dem Gebären kommt für die junge Familie von heute also das Gebärden. Beispiel: Wenn Klein-Udo den durchgestreckten Finger zum Mund führt, teilt er mit, dass er essen will. Will er mehr, tippt er mit dem rechten Zeigefinger in die linke Handfläche. Bis zu 150 solcher Gesten können Kleinkinder lernen – sie haben somit einen größeren Wortschatz als so mancher Abiturient.
Happa-Happa mit Schatzilein
„Glaubt du, wir werden mit unserem Baby auch Dutzi-Dutzi-Deutsch sprechen?“, fragte ich meinen Mann. „Ich hoffe nicht – so viel Respekt sollten wir vor unserem Kind haben“, sagte er. „Und wenn wir doch `Duzti-Dutzi, magst du Breili essi und Gluglu trini?“ sagen, dann hoffe ich, es wird uns in Baby-Gebärdensprache den Vogel zeigen.“
Ich bin froh, dass Harry so denkt. Glücklich darüber, so einen schlauen Mann zu haben, mache ich das Abendessen fertig. “Schatzilein“, rufe ich ihn, als das Essen auf dem Tisch steht. „Lass uns Happa-Happa machen“ Und danach flotti-karotti ins Heiabetti gehen! Ich will schließlich Schmusebärli mit dir machen!“
Lust auf weitere Kolumnen zu Schwangerschaft und Babyzeit? Dann lest doch mein Buch Babyverrückt (Affiliate-LInk)! Viel Freude damit!
Liebe Nadine,
ein toller Text, der den Nagel auf den Kopf trifft. Ich wusste gar nicht, dass du ein Buch geschrieben hast. Das finde ich ja Klasse! Da weiß ich künftig, was ich werdenden Müttern zur Geburt schenke 🙂
Liebe Grüße
Christine
Liebe Christine,
vielen lieben Dank, da freu ich mich! <3. Ja, ich hab schon ein paar wenige Bücher geschrieben - und aktuell auch einen Vertrag. Schön, das. Aber an diesem Buch "Babyverrückt" hänge ich tatsächlich am meisten, weil es die lustigen wie wahren Anekdoten aus der Schwangerschaft erzählt.
Ganz liebe Grüße! Nadine
Was Pastinaken und ein Maxicosy ist, hab ich auch erst in Schwangerschaft oder als Mutter gelernt. Vorher kommt man mit solchen Dingen ja nicht in Berührung. Aber diese Babysprache mit den ganzen Verniedlichungen finde ich heute noch zum Abgewöhnen. Das haben mein Mann und ich nicht mitgemacht. Toller und lustiger Beitrag, liebe Nadine.
LG Anke
Ich danke Dir! Und ja, nicht nur der Wortschatz der Kinder wird größer, auch der von uns Eltern :-D. Liebe Grüße!
[…] hörte, das sei eine ethnische syrische Minderheit. Eine kleine Übersetzungshilfe Deutsch-Eltern, Eltern Deutsch gibt es auf ihrem Blog Mama und die […]