„Mama, ist es noch weit?“. Wenn meine Tochter – meist bereits zwei Minuten nach Abfahrt – diese Frage stellt, ist das nervig, aber nicht weiter schlimm: Dann weiß ich, ihr ist nur langweilig. Oft genug aber hat sie in der Vergangenheit von der Rückbank aus Vollalarm geschlagen: „Mama, ich hab so Bauchweh!“, hatte sie oft geklagt. „Ich hab Angst, dass ich brechen muss.“ Eine schlimme Situation ist das, wenn für sie jede Minute im Auto eine Qual ist, gerade wenn wir noch eine längere Fahrt vor uns haben. Zum Glück aber haben wir Lösungen gefunden, wie wir die Übelkeit auf ein Minimum begrenzen oder sogar gänzlich ausschalten können. Eine wirklich schlimme Fahrt haben wir schon lange nicht mehr erlebt. Was meiner Tochter geholfen hat, verrate ich Euch gerne.
Eins vorneweg: Der Alarm von der Rückbank ist nicht ungewöhnlich. Kinder zwischen zwei und 12 Jahren werden schon mal von einer Kinetose gequält, wie die körperliche Reaktion auf ungewohnte Bewegungen, zum Beispiel in Verkehrsmitteln, im medizinischen Fachjargon heißt. Die gute Nachricht für alle, die leiden: Häufig verwächst sich das alles, Erwachsene sind seltener drastisch betroffen. Das merken wir schon in der Familie: Der Göttergatte erlebte als Kind auch viele unangenehme Fahrten mit der Spuck-Tüte auf dem Schoß, und jetzt geht’s ihm beim Autofahren gut, sofern er als Beifahrer nicht liest oder ausschweifend mit dem Smartphone hantiert.
Reisekrankheit – wie es dazu kommt
Grund für die Kinetose, die bis zum Erbrechen führen kann, ist, dass Kindergehirne die Reize beim Autofahren nicht richtig verarbeiten. Sie sehen von der Rückbank aus nur Unbewegliches, etwa den Vordersitz oder die Tonie-Box auf ihrem Schoß. Das Gleichgewichtsorgan im Ohr signalisiert dem Gehirn allerdings, dass gerade eine Bewegung stattfindet, immerhin schwankt und wackelt es. Diese unstimmigen Signale verunsichern den Körpern, der als Schutzreaktion das Brechzentrum im Gehirn alarmiert. In der Folge kommt es zu Bauchweh und Übelkeit. Dass es bei Kindern schlimmer ist als bei Erwachsenen, liegt darum, dass sich das Gleichgewichtsorgan noch im Wachstum befindet und der Wahrnehmungsapparat daher besonders empfindlich reagiert.
Dieses Wissen half uns, auch in Rücksprache mit der Kinderärztin und einem Apotheker, Maßnahmen gegen die Übelkeit zu ergreifen, und zwar folgende:
- Unsere Tochter darf jetzt bei langen Fahrten immer auf dem Kindersitz auf dem Beifahrersitz vorne Platz nehmen. Das ist übrigens seit 1993 erlaubt. Achten müssen Eltern darauf, dass es von der Herstellerseite des Kindersitzes keine Bedenken gibt, den Kindersitz vorne zu verwenden. Diese Maßnahme hilft meistens schon: Seit die Süße vorne sitzt und durch die Frontscheibe sieht, dass das Auto in Bewegung ist, wird ihr kaum mehr übel. Ihre Augen senden nun das Signal „Bewegung“ aus, genau wie ihr Gleichgewichtsorgan im Ohr. Das Gehirn ist damit einverstanden. Das klappt übrigens nur, wenn sie weder liest noch sich mit elektronischen Geräten beschäftigt, denn dann würde sie wieder auf unbewegte Gegenstände schauen – mit der Folge, dass der Gleichgewichtssinn wieder aus der Balance gerät. Damit ihr so ganz ohne Buch oder Smartphone nicht allzu langweilig ist, darf sie als Wackel-Patient dann meistens das Radioprogramm bestimmen oder Kinder-Hörspiele hören.
- Dass sie nicht mit übervollem Magen ins Auto steigt, versteht sich von selbst. Sie will beim Autofahren auch gar nicht übermäßig essen.
- Es gibt Tage, an denen hilft der Platz vorne im Auto nicht. Dann ist mehr Aktion gefragt. Wenn wir merken, ihr wird übel, lassen wir viel frische Luft ins Auto. Auch Pausen, in denen sie sich die Füße vertritt, helfen zumindest kurzzeitig, ihre Sinne wieder in Gleichklang zu bringen.
- Bei Fahrten, in denen weder Frischluft noch der VIP-Platz neben dem Fahrer helfen, verwenden wir unseren Joker: Das Medikament Vomex auf Basis des
Apotheker Nöhmaier Wirkstoffs Dimenhydrinat, das es als Zäpfchen, Tabletten und Saft gibt, wirkt bei ihr garantiert. Der Nachteil: Es braucht eine halbe Stunde, bis die Übelkeit weg ist. Manchmal nimmt die Tochter es daher vorbeugend ein, idealerweise 30 bis 60 Minuten vor Reisebeginn. Wenn sie es akut braucht, verbinden wir die Einnahme mit einer Pause: Dann wirkt es, bis wir weiterfahren. „Vomex stellt das sogenannte Brechzentrum ruhig”, erklärt Apotheker Josef Nöhmaier auf Anfrage. „Und noch mehr: Als Nebenwirkung wird das Kind oft müde und schläft im Auto ein.“ Das sei aber eine Nebenwirkung, die bei langen Autofahren sogar erwünscht sein kann.
Uns hat Vomex schon viele Fahrten gerettet – falls Eure Kinder sich mit demselben Problem herumplagen, fragt doch mal Euren Arzt danach. - Apotheker Nöhmaier empfiehlt als Alternative auch das Kaugummikauen, das per se schon helfen kann. Oder man besorgt gleich einen speziellen Reisekaugummi – „Superpep“, der ebenfalls auf Basis von Dimenhydrinat funktioniert und für Kinder ab sechs Jahren gedacht ist. Der Vorteil gegenüber Vomex sei laut Nöhmaier: Der Kaugummi macht weniger müde und wirkt schneller. Es kann auch im Akutfall gleich helfen.
Keine Langeweile mehr bei langen Autofahrten
Vielleicht habt Ihr auch noch andere Tipps auf Lager, die bei der Reisekrankheit helfen. Bei uns haben sich die oben stehenden bewährt. Bleibt also nur noch das Problem der Langeweile auf langen Autofahrten, doch auch hier gibt es Abhilfe:
- Damit wir unsere Autofahrten mit Kindern generell gut vorbereiten und sie durch unterhaltsame Spiele und Pausen verkürzen, haben die Experten des Reise-Preisvergleichs Idealo einen Ratgeber verfasst, in dem er über die richtige Bespaßung, kinderfreundliche Raststätten und generell die beste Planung schreibt. Ich finde den Beitrag sehr inspirierend, lest ihn Euch doch mal durch!
- Wir haben außerdem in der Bahnhofsbuchhandlung ein Heft besorgt, in dem die Tochter alle Kennzeichen, die wir auf dem Weg sehen, ankreuzen kann: Auch das ist für sie ein kurzweiliger Auto-Spaß.
- Auf der Seite des Verkehrs-Bundesministeriums habe ich auch ein paar Spiele entdeckt, die die Fahrt vekürzen können. Lasst Euch da mal inspirieren.
In jedem Fall: Allseits sichere und gesunde Fahrt Euch allen, egal wohin es Euch treibt!
[…] Und ja, natürlich verstehe ich die Kinder. Es ist oft wirklich ätzend, lange im Auto eingepfercht zu sein. Das ist auch für uns Erwachsene nervig, und den Kindern kommt es vermutlich nochmal länger vor. Dazu kommt: Die Tochter hat tatsächlich oft Bauchweh dabei. Wie wir damit umgehen und was ihr tatsächlich hilft, das hab ich schon mal aufgeschrieben. […]